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Bergwandern

In den Bergen

Über den Rücken der Kapverden-Insel Santo Antão

November 10, 2017

Einmal von Nord nach Süd geht es über die Insel Santo Antão. Und bei dieser kurvenreichen Fahrt wird klar, dass dies nicht nur die grünste sondern auch die vielfältigste Insel der Kapverden ist. Im trockenen und sonnigen Westen der Insel geht es die Bordeira de Norte hinauf, die Geländestufe zum vulkanischen Hochland, wo man sich ein wenig aus der bewohnten Welt hinausgeworfen fühlt.

Dass sich die schönsten Aussichten dieser Insel nicht leicht erschließen, das weiß ich mittlerweile. Aber dass sie mir während meines gesamten Aufenthalts verschlossen, besser gesagt: verschleiert bleiben, ist dann doch betrüblich. Ganz oben auf dem Inselrücken herrscht dichter Nebel. Die Menschen, die hier an der Straße leben, laufen in dicken Jacken herum. Es scheint nichts Außergewöhnliches zu sein, dass es hier oben am Morro Conceicão in fast 1.400 Meter Höhe regnerisch und kühl ist. Wie schön die Aussicht in alle Richtungen sein muss, kann ich nur erahnen. In Corda auf der Nordseite der inseldurchquerenden Straße schien noch die Sonne durch diesige Wolken. Eine seltsam abgeschiedene Stimmung herrscht gerade in dem Dorf, das weit oberhalb der Küste liegt und dem Meer damit schon fern, obwohl es keine 10 Kilometer Luftlinie entfernt ist. Die Menschen wirken viel zurückhaltender als in den Orten an der Küste. Sie leben auch nicht so selbstverständlich draußen auf der Straße, sind viel mehr in ihren Häusern, was natürlich mit dem kühleren Klima zu tun hat.

Gleichzeitig tun die terrassenförmigen Felder und einzelne Zypressen so, als sei das alles ein irgendwie warmes Terrain. Die Zypressen stechen so übertrieben lang und spitz in den Himmel, als wollten sie ihre Vereinzelung wettmachen und mit aller Macht an die Toskana erinnern.

Zypressen

Auch Corda liegt schon sehr hoch. Unterhalb von Corda liegt die spektakulärste Stelle der Straße. Am Delgadim nimmt die Straße die gesamte Breite des Berggrats ein. Zu beiden Seiten fallen die Felswände hunderte Meter steil ab. Die Bergrücken reihen sich hintereinander wie Krokodilsrücken. Wolken und Nebel geben dem Ganzen eine besondere Atmosphäre.
Bis genau zu dieser Stelle hat mich Jose gestern bereits gefahren. Ich bin von hier aus die Straße zurück nach Ribera Grande gewandert, langsam an die Küste hinunter, in vielen Serpentinen. Da kannte ich noch nicht die Passstraße Richtung Süden und dachte beim ersten Haus unterhalb von Delgadim: Das ist das höchstgelegene Haus weit und breit. Hinaus trat kurz zuvor Manuel. Der Vater von vier Kindern ging über die Straße, um über eine kleine Kuppe dorthin zu gehe, wo es nur nach Abgrund aussieht. Ich bin ihm gefolgt und habe mir angesehen, wohin er geht.

Mit seinem 20-Liter-Plastikkanister ging er an der praktisch senkrechten Wand entlang, um einen Talschluss im Halbrund herum. Geschätzte 60 Höhenmeter tiefer verschwindet er unter Bananenstauden. Als er zurückkommt, nach verdammt kurzer Zeit – ich hätte sicher das Dreifache gebraucht – erklärt er mir, dass da unten ein kleiner Wasseraufschluss ist. Beim Hinaufklettern über den steilen Pfad trägt er den wahrscheinlich 20 Kilo schweren Kanister auf dem Kopf und absolviert den Weg fast tänzelnd. Dabei hat er die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen, als wäre das hier das Leben, das er sich ausgesucht hat.

Dass de Landschaft hier oben schon relativ trocken erscheint, irritiert ein wenig, schließlich habe ich die letzte Nacht in etwa zwei Kilometer Luftlinie Entfernung verbracht und dort wähnte ich mich im Regenwald. Das Geheimnis ist, dass die Feuchtigkeit in der Luft, weil in den Bäumen liegt. Und mein Domizil lag ganz unten im Talkessel, während wir uns hier über den meisten Wolken befinden.
Im Tal von Xoxo hat man das Gefühl, die Berge würden in den Himmel wachsen. Die Tatsache, dass man die Spitzen nicht sieht und es von oben einen beständigen Nieselregen gibt, verstärkt dieses Gefühl natürlich.

Völlig unbeirrt und wie aus einer anderen Welt erscheinen mir als Reisendem die Einheimischen, die sich die steilen Pfade mit Eseln und schwer bepackt hinauf und hinab quälen. Wo ist das Ziel da oben? Es gibt immer noch ein Mini-Dorf, oder besser gesagt: eine Ansammlung von Häusern, die noch weiter den Berg hinauf liegt. Man sieht sie nur von unten oft nicht. Ich hätte den Weg vom Talk von Xoxo zum Aussichtspunkt Delgedim zu Fuß absolvieren können, das schlechte Wetter hat mir diese Idee ausgeredet. Scha

Und dieses Immer-weiter-hinauf zieht sich dann über den gesamten Inselrücken. Wo man am höchsten ist, sieht man wie beschrieben leider nicht aufgrund des schlechten Wetters.

Jenseits der Wasserscheide af der Südseite des Vulkans wird es auf einemmal trockener, aber auch unspannender. Super dass man plötzlich nach Süden zum Meer bei Porto Novo blicken kann.