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Kapverden

In den Bergen

Wandern in den Bergen von Santo Antão – grüne Kapverden

Januar 9, 2018

Oh, Mann… Vor einer halben Stunde konnte ich wenigstens noch uns Tal blicken. Wie ein grüner Graben breitete es sich unter mir aus, beschirmt von bizarr-zackigen Gipfeln. Jetzt ist nichts als graue Suppe um mich. Dafür all die Anstrengung? Denn es sieht nicht eben aus, als wollte diese Nebel-Wolken-Mischung weiter oben wieder aufbrechen. Der Weg aus Pflastersteinen, der den steilen Hang in unendlich vielen Kehren hinauf strebt, ist dabei zwar gut zu gehen, aber er verliert sich immer einige Meter vor mir im trüben Nichts. Komplette Stille.

Ich hätte gewannt sein müssen. Schließlich liegt diese Insel an der Passat-Front. Die feuchten Luftmassen vom Atlantik, in bestimmter Jahreszeit sind es unerbittliche Stürme, treffen mit Santo Antão auf die erste Insel der Kapverden. Und wenn es heißt, die neun bewohnten Inseln seien sehr verschieden – manche wüstenartig flach, andere zerklüftet und auch trocken – und Santo Antão sei die grünste von ihnen, dann ist erst recht klar, dass das Wetter hier launisch sein kann. Dabei ist Santo Antão selbst wie ein kleiner Kontinent. Obwohl gerade einmal 779 Quadratkilometer und damit kleiner als der Stadtstaat Berlin, gibt es eine beachtliche landschaftliche Vielfalt. Im Süden, hinter der Inselhauptstadt Porto Novo ist es relativ flach trocken. Vom Südwesten bis in den Norden ist es ebenfalls trocken, die Landschaft aber bergiger, teilweise zerklüftet wie im Südwesten der USA. Bis zu 2.000 Meter hoch wachsen die Berge, teilweise Vulkane in den Himmel, oben wird Landwirtschaft betrieben. Und dann eben die grünen Täler ganz im Norden.

Auch die Bäume weinen

An deren Gipfeln hängen sehr oft Wolken. Das macht Sinn, sonst wäre die Landschaft hier weniger grün. Mitten in diesen Wolken befinde ich mich jetzt gerade. Es nieselt, aber nicht vom Himmel, sondern nur aus Bäumen und Sträuchern, an denen der unablässig über die Berggrate wabernde Nebel Unmengen an Feuchtigkeit hinterlässt. Vielleicht weinen die Bäume ja mit mir über die trübe Wetterstimmung, und in Gedanken haben wir gemeinsam die wunderschönen Bilder, wie sich die bizarre Berglandschaft im Sonnenschein ausbreitet, in der nicht so fernen Ferne leuchtet dazu der blaue Ozean. Auch wenn es beim Aufstieg kleine Lücken am Himmel mit Blau gab, kann ich mir das gerade kaum vorstellen, ich hab’s hier ja auch noch nicht gesehen, die Bäume schon…

Zurück zur Realität: Wegen der schlechten Sicht ist das Ende des Aufstieges nicht erkennbar. Hinweisschilder dieser Art gibt es natürlich nicht, diese Wege sind auch nicht für wandernde Touristen eingerichtet, sie sind vielmehr immer noch Transportwege für die Einheimischen, deren Häuser abseits der Straßen liegen. Angesichts der Anstrengungen des nun schon mehr als zwei Stunden dauernden Aufstiegs macht sich ein bisschen deprimierende Stimmung in mir breit, aber hey: es wird schon ein Ende der Strapazen geben. Und abbrechen gibt’s nicht.

Auf einmal jedoch sieht es so aus, als steige der Felshang über mir nicht weiter an und zwei Kehren weiter befinde ich mich ich auf einer Art Sattel. Rechts und links zieht sich der Felsgrat noch etwas höher, aber nach kurzer Zeit gibt es eine kleine Auflockerung und ich sehe in den Krater Cova de Paul. In den Krater hinein zu gehen, kostet dann gerade einmal 15 bis 20 Minuten und hier sieht auf einmal alles recht unspektakulär aus. Der Krater ist eine fast ebene Fläche von weniger als einem Kilometer im Quadrat, auf der sich Felder befinden und einzelne Kühe angebunden herumstehen. Aus kleinen Ställen am Rand der Fläche tönen andere Tiergeräusche. Immer wieder ziehen dichte Nebelfronten von einem Ende zum anderen, dazwischen klart es kurz auf. Der Kraterboden liegt wohl auf etwa 1.100 Metern, die höchsten Zacken am Rand erreichen 1.500 Meter.

Das sieht jedenfalls anders aus, als ich es vom Tal aufsteigend erwartete. Denn untern wähnt man sich in einer sehr spektakulären Vulkanlandschaft. Meine Vorstellung: Die im Wolkendunst liegenden Spitzen müssten gerade erstarrte bizarre Felskrater sein, einer Urlandschaft ähnlich.

Nun denn, wieder hinab ins Tal von Paul. Und das bewahrt sich sein Mysteriöses auch beim Abstieg: Die Wolken geben den Blick erst weiter unten frei. Die höchsten Gipfel bleiben ohnehin die gesamte Zeit über verhüllt. Als müssten sie als Beschützer eines lieblichen Tals ganz vornehm im Hintergrund bleiben.

Trotzdem erkennt man ihre zackigen Formen, wegen derer man eben auch die Krater dahinter wilder vermutet. Beim Abstieg klart es ziemlich genau an jener Stelle auf, wo auch Wald und wildes Gestrüpp von den höchstgelegenen landwirtschaftlichen Flächen abgelöst werden. Bald erscheinen die ersten Häuser wieder, umgeben von Terrassenfeldwirtschaft an den steilen Hängen. Wobei die Terrassen nicht in den Hang hineingehauen wurden, vielmehr haben die menschen hohe Mauern aus Felssteinen aufgeschüttet und den Raum hangwärts mit fruchtbarer Erde aus dem Talgrund aufgeschüttet. Anstatt den Hängen etwas abzuringen, haben sie sie gewissermaßen aufgemotzt – mühevoll.
Etwas ganz Spezielles ist auch die Wasserversorgung auf Santo Antão. Zwar gibt es ausreichend Niederschläge, aber an das Wasser kommt man nicht so ohne Weiteres heran. Es versickert nämlich erst einmal und durchfließt viele durchlässige Gesteinsschichten, teilweise bis auf Meeresniveau. Es kann somit nur an ganz bestimmten Stellen gefördert werden. Um die Terrassenfelder zu wässern, ist daher ein ausgeklügeltes System von Kanälen angelegt worden.

Diese Levadas werden teilweise von den wenigen natürlichen Wasserläufen abgezweigt. Es sieht ein wenig aus wie die Waalwege in den Alpen. Eins der ersten Häuser am Weg bergab gehört Juze Anton. Der ältere Herr sitzt auf der Terrasse seines Hauses, das nach vorn bescheiden wirkt, von der Talseite jedoch weithin sichtbar ist und als eines der größten erscheint. Wie er da so sitzt in weißem Hemd und Anzughose – es ist Sonntagnachmittag – sieht er sehr würdevoll aus und scheint sich über die Aussicht, von einem dahergelaufenen Wanderer abgelichtet zu werden, ehrlich zu freuen. Seine Frau Alice nimmt ihr Kopftuch ab und Posieren können beide gut.

Überhaupt scheint das Posieren den Kapverdianern in die Wiege gelegt zu sein. Kein Wunder, denn sehr viele von ihnen sind objektiv betrachtet einfach sehr schöne Menschen. Gerade die Leute in den Dörfern auf Santo Antão haben sich zudem eine große Natürlichkeit bewahrt. Wie lange das angesichts des boomenden Tourismus noch anhält, bleibt abzuwarten.
Auf dem Weg weiter ins Tal hinab bittet mich eine Frau vehement in den Innenhof ihres Hauses, um mir eine Tasse Kaffe anzubieten. Nach zwei Schluck möchte sie dann unumwunden 500 Escudos dafür haben, das sind 5 Euro.

Ökotourismus: Einer der ersten auf der Insel

Zurück im Tal, auf der Strasse, an der sich fast alle Siedlungen aufreihen. Meine Wanderung hat mich müde, mit einer schummrig-gemütlichen Note zwischen Kopf und Beinen gemacht. 700 steile Höhenmeter mache ich nicht gerade täglich. Leider hat die Bar O Curral heute bereits um 16 Uhr ihre Pforte geschlossen. Gestern war ich bereits hier und habe mich ein bisschen durch die lokalen Spezialitäten aus biologischem Anbau probiert.

Alfred Mandl war hier im Jahr 2003 Pionier mit einer ersten Ökotourismus-Einrichtung auf Santo Antão. Das Café-Restaurant bietet Leckereien, die fast alle aus der eigenen kleinen Landwirtschaft nebenan stammen. Der Grogue, auf den ganzen Kapverden reichlich fließender und wohlschmeckender Rum aus Zuckerrohr, wird hier in vielen Varianten angeboten, auch als Likör. Auch Öle sowie den Queijo, eine lokale Ziegenkäse-Spezialität, gilt es zu probieren. Und natürlich den Wein von der Insel Fogo. Schmeckt alles hervorragend, muss ich sagen. Und selbst dem sehr intensiv schmeckenden Zuckerrohrsaft kann ich etwas abgewinnen, den muss ich allerdings nicht in rauen Mengen haben.

Dass hier, gerade im Vale do Paul so einiges aus Zuckerrohr gemacht wird, verwundert nicht. Die langen Stauden mit ihren weichen Federn an der Spitze, die jeder gelegentlich auftauchende Sonnenstrahl zum Gleißen bringt, sind allgegenwärtig. Wohl noch häufiger als Bananenstauden und Papayabäume.
Überhaupt, die Felderwirtschaft. Ist die Naturlandschaft mit ihren Krokodielsrückenartigen Bergen und dem engen Tal von Paul filigran, passen sich die Anbauflächen der Bauern an: Winzige Parzellen, jeder Quadratmeter wird von den Talbewohnern genutzt zum großen Teil zur Selbstversorgung. Aus igrendeinem seltsamen Grund dürfen Lebensmittel nicht von Santo Antão auf die anderen Inseln exportiert werden. Schuld ist ein Keim, vor dem man sich dort fürchtet.

Schlafen im Paradies

Heute also leider keine Bio-Spezialitäten in der bar O Curral, Sonntags wird früher Feierabend gemacht. Dafür strande ich auf dem langsamen Heimweg talabwärts in der Bar von Jorge. Die Party ist bereits aus drei Kilometern Entfernung zu hören, eine Mischung aus traditioneller kapverdischer Musik – dem Batuku – und Hiphop im globalen Stil mit leicht lokalem Einschlag. Ursprung des talfüllenden Sounds ist die Bar am tiefsten Punkt des Tals, bevor ich noch einmal zum finalen Anstieg zu meinem Traum-Domizil ansetzen muss. Es ist gerade noch schöner Spätnachmittag, der Himmel aufgelockerter als den restlichen Tag, also kehre ich ein. Und es ist wohl die erste Bar, in der die Musik leiser gestellt wird, man als erster Gast einkehrt. Also sitze ich da alleine bei nun leiserer Musik. Aber das macht nichts, denn ich trinke ja einen Grogue. Eine wohlwollende Müdigkeit krabbelt langsam meinen Körper von unten hinauf. Der Grogue tut sein Übriges und der mit Maracujasaft versetzte Grogue, den mir Jorge noch so nebenbei zum Probieren gibt und der mich an Likörgetränke aus der Jugend denken lässt, dabei aber bedeutend weniger chemisch schmeckt, tut es auch.

Schließlich mache ich mich auf den letzten Anstieg zu Aldeia Manga, Heimat für sechs Nächte. Das Resort liegt fern der Durchgangsstraße erhöht auf der ruhigeren Talseite. Der Weg führt zwischen Feldern entlang, gerade ist Höhepunkt der “Blauen Stunde”. Letzte Helligkeit fällt über die Berge uns Tal, schwere Wolken schaffen eine mystische Stimmung. Vom Weg sehe ich gegenüberliegende Berghänge, an denen sich einige funzlige Straßenlaternen aufreihen. Dass dort oben unter Bäumen überhaupt noch Häuser stehen, hätte ich nicht gedacht, dass sie diesesn Service der nächtlichen Beleuchtung haben, erst recht nicht. Es sieht im Halbdunkel sehr schön aus.

Aldeia Manga – ein kleines Paradies: Sechs Bungalows liegen unter Bananen- und Papayabäumen in absoluter Ruhe. Traumhaft schön, dabei angenehm einfach ohne Luxus und wahrhaft ökologisch geführt. Plastik-Wasserflaschen sind tabu. Das Leitungswasser wird mit Hilfe von UV-Filtern gereinigt und schmeckt super. Das Essen kommt von den Kleinbauern der Umgebung.

Man passt hier die Tagesrhythmen der Natur an. Das Abendessen wird pünktlich um 19 Uhr zum Einbruch der Dunkelheit serviert, ab kurz nach 20 Uhr haben die Bediensteten frei, man kann dann noch Getränke aus dem Kühlschrank nehmen und bis in die Nacht hinein auf der Terrasse abhängen. An meinen Abenden sind die abendlichen Pläuschchen mit anderen Reisenden meist begleitet von stetem Wind, der die riesigen Blätter der Bananenstauden ordentlich herumwirbelt. Jorge, den Mann von der Bar, sehe ich hier mehrfach wieder. Er ist so etwas wie ein Allroundworker. Er mäht Rasen, baut an Möbelstücken herum, und ist auch an anderen Orten im Tal zur Stelle, wo helfende Hände oder Kommunikation gefragt sind.

Auf und ab überm Atlantik

Der Wind ist die ganze Nacht zu hören, aber das macht nichts. Mich beruhigt es. Ich muss dazu sagen, ich habe ein starkes Faible für stille Orte in einsamen Tälern, am besten unter steilen Gipfeln. Ich fühle mich da immer geborgen und eins mit der Welt. Schlaf also allemal gut.

Am nächsten Tag heißt es dann wieder wandern. Dieses Mal aber mit Meerblick. Zunächst geht es durch die Ribeira Grande, vorbei an steilen Terrassenhängen.

Dann runter zum Meer. Hier unten ist das Wetter gleich besser, auch wenn ein starker Wind keine richtige Wärme aufkommen lässt. Faszinierend finde ich bei dem Weg von Cruzinha nach Ponta do Sol, dass auf jedem Flecken Land, der nicht zu steil ist, Menschen siedelten.

Auch dort, wo tiefe Canyons sich nach wenigen Metern in eine Meeresbucht übergehen. Ruinen von einstigen Dörfern zeugen davon. Landwirtschaft ist kaum möglich, vielleicht ein bisschen Fischfang. Unterwegs begegnet man auch einer Stelle, an der viele Riesenkanister lagern, ein Hinweis, dass hier tief im Fels Wasser aufgefangen wird, dass die Gesteinsschichten durchfließt und hier nahe an der Oberfläche zutage tritt.

Den nächsten größeren Ort Ponte do Sol erreicht man auf schweißtreibenden Wegen. Zwischen den Dörfern Forminguinhas und Corvo und ganz besonders zwischen Corvo und Fontainhas geht es hunderte Höhenmeter bergauf und wieder bergab.

Wenn Fontainhas ins Bild kommt, meint man, die Häuser des Ortes habe ein Riese einfach nach Laune in eine Urlandschaft hingeworfen, so wild verteilen sie sich über die Hügel mit steilen Felsflanken, meist liegen die Häuser oben auf einem Hügelgrat.

Erschöpft, aber wieder ziemlich glücklich erreiche ich Ponte do Sol, das auf den ersten Blick einigermaßen schmucklos auf einer Landzunge liegt. An deren Spitze erstreckt sich gar eine Landebahn. Doch die war bisher einfach zu kurz und die Enden gehen unmittelbar in den Atlantik über, so landet und startet hier auf absehbare Zeit kein Flugzeug. Ein Glück für diese stille Insel.

In den Bergen

Über den Rücken der Kapverden-Insel Santo Antão

November 10, 2017

Einmal von Nord nach Süd geht es über die Insel Santo Antão. Und bei dieser kurvenreichen Fahrt wird klar, dass dies nicht nur die grünste sondern auch die vielfältigste Insel der Kapverden ist. Im trockenen und sonnigen Westen der Insel geht es die Bordeira de Norte hinauf, die Geländestufe zum vulkanischen Hochland, wo man sich ein wenig aus der bewohnten Welt hinausgeworfen fühlt.

Dass sich die schönsten Aussichten dieser Insel nicht leicht erschließen, das weiß ich mittlerweile. Aber dass sie mir während meines gesamten Aufenthalts verschlossen, besser gesagt: verschleiert bleiben, ist dann doch betrüblich. Ganz oben auf dem Inselrücken herrscht dichter Nebel. Die Menschen, die hier an der Straße leben, laufen in dicken Jacken herum. Es scheint nichts Außergewöhnliches zu sein, dass es hier oben am Morro Conceicão in fast 1.400 Meter Höhe regnerisch und kühl ist. Wie schön die Aussicht in alle Richtungen sein muss, kann ich nur erahnen. In Corda auf der Nordseite der inseldurchquerenden Straße schien noch die Sonne durch diesige Wolken. Eine seltsam abgeschiedene Stimmung herrscht gerade in dem Dorf, das weit oberhalb der Küste liegt und dem Meer damit schon fern, obwohl es keine 10 Kilometer Luftlinie entfernt ist. Die Menschen wirken viel zurückhaltender als in den Orten an der Küste. Sie leben auch nicht so selbstverständlich draußen auf der Straße, sind viel mehr in ihren Häusern, was natürlich mit dem kühleren Klima zu tun hat.

Gleichzeitig tun die terrassenförmigen Felder und einzelne Zypressen so, als sei das alles ein irgendwie warmes Terrain. Die Zypressen stechen so übertrieben lang und spitz in den Himmel, als wollten sie ihre Vereinzelung wettmachen und mit aller Macht an die Toskana erinnern.

Zypressen

Auch Corda liegt schon sehr hoch. Unterhalb von Corda liegt die spektakulärste Stelle der Straße. Am Delgadim nimmt die Straße die gesamte Breite des Berggrats ein. Zu beiden Seiten fallen die Felswände hunderte Meter steil ab. Die Bergrücken reihen sich hintereinander wie Krokodilsrücken. Wolken und Nebel geben dem Ganzen eine besondere Atmosphäre.
Bis genau zu dieser Stelle hat mich Jose gestern bereits gefahren. Ich bin von hier aus die Straße zurück nach Ribera Grande gewandert, langsam an die Küste hinunter, in vielen Serpentinen. Da kannte ich noch nicht die Passstraße Richtung Süden und dachte beim ersten Haus unterhalb von Delgadim: Das ist das höchstgelegene Haus weit und breit. Hinaus trat kurz zuvor Manuel. Der Vater von vier Kindern ging über die Straße, um über eine kleine Kuppe dorthin zu gehe, wo es nur nach Abgrund aussieht. Ich bin ihm gefolgt und habe mir angesehen, wohin er geht.

Mit seinem 20-Liter-Plastikkanister ging er an der praktisch senkrechten Wand entlang, um einen Talschluss im Halbrund herum. Geschätzte 60 Höhenmeter tiefer verschwindet er unter Bananenstauden. Als er zurückkommt, nach verdammt kurzer Zeit – ich hätte sicher das Dreifache gebraucht – erklärt er mir, dass da unten ein kleiner Wasseraufschluss ist. Beim Hinaufklettern über den steilen Pfad trägt er den wahrscheinlich 20 Kilo schweren Kanister auf dem Kopf und absolviert den Weg fast tänzelnd. Dabei hat er die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen, als wäre das hier das Leben, das er sich ausgesucht hat.

Dass de Landschaft hier oben schon relativ trocken erscheint, irritiert ein wenig, schließlich habe ich die letzte Nacht in etwa zwei Kilometer Luftlinie Entfernung verbracht und dort wähnte ich mich im Regenwald. Das Geheimnis ist, dass die Feuchtigkeit in der Luft, weil in den Bäumen liegt. Und mein Domizil lag ganz unten im Talkessel, während wir uns hier über den meisten Wolken befinden.
Im Tal von Xoxo hat man das Gefühl, die Berge würden in den Himmel wachsen. Die Tatsache, dass man die Spitzen nicht sieht und es von oben einen beständigen Nieselregen gibt, verstärkt dieses Gefühl natürlich.

Völlig unbeirrt und wie aus einer anderen Welt erscheinen mir als Reisendem die Einheimischen, die sich die steilen Pfade mit Eseln und schwer bepackt hinauf und hinab quälen. Wo ist das Ziel da oben? Es gibt immer noch ein Mini-Dorf, oder besser gesagt: eine Ansammlung von Häusern, die noch weiter den Berg hinauf liegt. Man sieht sie nur von unten oft nicht. Ich hätte den Weg vom Talk von Xoxo zum Aussichtspunkt Delgedim zu Fuß absolvieren können, das schlechte Wetter hat mir diese Idee ausgeredet. Scha

Und dieses Immer-weiter-hinauf zieht sich dann über den gesamten Inselrücken. Wo man am höchsten ist, sieht man wie beschrieben leider nicht aufgrund des schlechten Wetters.

Jenseits der Wasserscheide af der Südseite des Vulkans wird es auf einemmal trockener, aber auch unspannender. Super dass man plötzlich nach Süden zum Meer bei Porto Novo blicken kann.